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Wortgewaltig

Die Effizienz des Sohnes bei der Auswahl seines aktiven Wortschatzes kennen wir ja. Aber bei fünf Wörtern kann es nicht bleiben, so sorgfältig sie auch ausgewählt sind. Das sieht sogar der Sohn ein. Und arbeitet sehr umsichtig an seiner weiteren Wortfindung.

Mit Auto und Bagger sieht er sowohl den Fuhrpark als auch seine hauptsächliche Freizeitgestaltung durch satte zwei Worte abgedeckt. Ja und Ba sind kurz und eloquent genug, um schnell an Essen und Trinken zu kommen. Aber Mama als einzige Möglichkeit, die für ihn wichtigen Personen zu benennen ist etwas sehr dürftig. Wenigstens die Hauptdarsteller sollen jeweils einen Namen bekommen, denkt sich der Sohn.

Und prompt gibt es seit heute ein neues Wort: Anna.

Schon klar. Sie ist jung. Sie ist blond. Sie arbeitet in der Kita. Ich versteh‘ ihn ja.

Der kleine Charmeur

Bekanntermaßen ist das Leben nicht immer einfach. Manchmal liegt schlicht hier und da ein Stein im Weg. Besonders trickreich wird es bei solchen Gelegenheiten immer dann, wenn andere Personen mit im Spiel sind. Leicht entstehen dabei Situationen, die nur mit viel Fingerspitzengefühl angefasst werden dürfen. Ein gesundes Maß an Lebenserfahrung kann helfen, dieses zu entwickeln.

Wenn ich mir den kleinen Mann so ansehe, staune ich, wie viel er davon offenbar schon aufgenommen hat.

So kommt es regelmäßig vor, dass er auf Frauen in für ihn wichtigen Positionen trifft. Ob es die Helferinnen beim Arzt seines Vertrauens sind oder ob es die neue Praktikantin in der Kita seiner Wahl ist: es sind Frauen, die nicht nur jung und charmant sind, sondern auch entscheidend darauf Einfluss haben können, ob die jeweilige Lage bei ihnen vor Ort eine für den Sohn angenehme oder eher nicht so schöne ist. Um hier seine Interessen vertreten zu können, muss er argumentativ stark sein. Das weiß er. Und darum setzt er eine seiner stärksten Waffen ein: einen Augenaufschlag, um den ihn Don Giovanni beneiden würde. Gern paart er diesen mit einem Lächeln, das derart gewinnbringend ist, dass keine Zweifel an der Aufrichtigkeit seines Auftretens mehr aufkommen können. Auf diese Weise bringt er die von ihm verführten problemlos dazu, ihm zu zeigen, wie vollkommen nebensächlich eine Spritze mit tollen Impfstoffen eigentlich ist oder welchen Spaß Zähneputzen nach dem Mittagessen machen kann.

Bei so viel gestandener Männlichkeit passt es wohl nur zu gut, dass der Sohn im heimischen Bad bereits zielsicher den Rasierapparat des Herrn Papa aus dem Schrank holt und zumindest beim Einschalten des Geräts keinerlei Hürden entdeckt.

Offenbar ist das Leben doch ganz einfach. Vom Sohn ist viel zu lernen.